El Dorado

Entwicklung eines Spielkonzepts im Rahmen des Seminars „Games for Health“

Ein Forscherteam macht sich auf die Suche nach der legendären Goldstadt El Dorado. Im Dschungel überrascht ein Gewitter die Truppe und zerstört ihr Lager. Schnell wird klar: Ohne Hilfe können sie El Dorado nicht finden. Mithilfe eines Äffchens, das die Gruppe begleitet, werden Aufgaben gelöst, um sich den Weg in die Goldstadt zu erkämpfen. Schnipsel einer verlorenen Karte finden, Strecken durch den bedrohlichen Dschungel zurücklegen oder ein Floß aus morschem Holz zu bauen um damit einen reißenden Fluss zu überqueren sind nur Einige der Herausforderungen, denen sich die furchtlose Forschertruppe stellen muss. Hier wird nicht nur Scharfsinn gefordert, sondern voller Körpereinsatz.

Wie ein Abenteuer- Spiel, das in der Freizeit per App gespielt wird zu mehr Bewegung von Schüler*innen im Alltag führen kann, möchten wir im Folgenden thematisieren.

Zielgruppe und Zielverhalten:

Unser Spiel ist für in Deutschland lebende Schüler*innen der 5. bis 8. Klasse geeignet. Wir haben uns für diese Zielgruppe entschieden, weil Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter laut dem Paper Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter: Ist Prävention möglich? von Graf et. al. (2006, S. 507) weltweit zunimmt. Dem stundenlangen Sitzen in der Schule soll mit El Dorado entgegengewirkt und Übergewicht vorgebeugt werden. Das Zielverhalten besteht in der Erhöhung körperlicher Aktivität bzw. die Spieler*innen sollen mit El Dorado den Impuls zur Bewegungssteigerung bekommen.

Laut dem Paper Serious Game to Combat Childhood Obesity Using Kinect von Rodríguez-Dzib1 et. al. (2016), S. 140 wird spielend am besten gelernt. In einer Zeit, in der Technologie die Aufmerksamkeit von jungen Menschen stark auf sich zieht, kann sichergestellt werden, dass sie mit technischen Spielen nicht nur schnell und gerne lernen, sondern sich auch an das Erlernte erinnern.

Gao et. al. beschreiben in ihrem Paper A meta-analysis of active video games on health outcomes among children and adolescents (2015), S. 789, dass Kinder und Jugendliche so genannte „AVGs“ (Active Video Games) sehr gerne spielen. Weil der Spaßfaktor stimmt, können so die AVGs, zu denen wir auch El Dorado zählen, trägemVerhalten entgegengesetzt werden (Gao et. al., S. 791).

Persona:

Die Persona unseres Spiels ist Hanna. Eine Persona ist im Spieldiskurs ein/e archetypische/r Spieler*in für die Zielgruppe. Diese Musterfigur zu konzipieren war für uns wichtig, um El Dorado unter Rücksichtnahme auf deren Requisiten zu entwickeln.

Hanna ist 12 Jahre alt und besucht die sechste Klasse eines Gymnasiums in Konstanz. Sie und ihre Clique benutzen wann immer sie können ihre Smartphones. Es werden nicht nur Whatsapp und Facebook gecheckt, sondern auch kurze Spiele per App gespielt. Hanna greift dann häufig zu ungesunden Snacks. Sowohl in der Schule als auch in der Freizeit spielen die vier Freunde der Clique fast die gesamte Zeit an ihren Smartphones und sitzen dabei faul herum. Aufgrund der fehlenden Bewegung und dem vielen „Snacken“ hat Hanna Einiges zugenommen und befindet sich nun an der Grenze zum leichten Übergewicht. Auch ihr Schulfreund Hannes hat etwas zugelegt und fühlt sich oft müde. Für Hanna und ihre Clique ist das Spiel El Dorado also ein effektiver und an ihre Interessen angepasster Ausgleich zum Schultag und dem langen Sitzen. 

Von unserer ersten Idee zum fertigen Spielkonzept:

Die anfängliche Idee lehnte sich an das Konzept von Escape Rooms an. Escape Rooms sind Räume, in denen Personen gefangen sind und bestimmte Aufgaben lösen müssen, um in den nächsten Raum zu kommen. Ziel ist das Erreichen des Ausgangs. Dieses Spielprinzip kombinierten wir mit unserem Narrativ, das auf der Sage El Dorado basiert. Anstatt dass einzelne Räume beschritten werden wie bei einem Escape Room, stellt in unserem Spiel ein Level einen „kleinen Escape Room“ dar. Die Spieler*innen müssen in jedem Level Fitnessübung-ähnliche Bewegungsaufgaben bewältigen, welche Hinweise zum kognitiven Rätsel des entsprechenden Levels geben. Beide Aufgabentypen müssen gelöst werden, damit das nächste Level freigeschaltet werden kann. Grau markierte freiwillige Zusatzaufgaben, die für alle Spieler*innen zugänglich sind, können das Lösen des kognitiven Rätsels erleichtern. Ausschließlich durch Zusatzaufgaben können die genannten Rätsel jedoch nicht entschlüsselt werden.

Die Sage von El Dorado

Die Sage bezeichnet den Wunsch spanischer Eroberer in Kolumbien, eine Stadt aus Gold zu finden. Der ambitionierte Traum scheiterte: El Dorado wurde trotz der fast unerschöpflichen Suche und Anstrengungen nie gefunden. Ursprüng-lich heißt El Dorado „der goldene Mann“. Gemeint ist das Amtsantritts-Ritual der Häuptlinge des Muisca-Volkes, die goldbedeckt in den Guatavita-See sprangen und dabei die Grenze zwischen spiritueller und physischer Welt überwan-den. Der Akt ist auf den Schöpfungsmythos des Volkes zurückzuführen. Die Geschichte besagt, dass das vom Schöpfer Jiminagua geschaffene Licht auf die Oberfläche des heiligen Sees der Muisca fiel, aus dem die Urmutter Bashue und ein Junge emporstiegen. Sie heiratete ihn und gemeinsam bevölkerten sie auf ihren Reisen die Erde. Im späten Erwach-senenalter verwandelte die Urmutter sich selbst und ihren Gefährten in Wasserschlangen. Beide kehrten zum heiligen See zurück. Seitdem werden die Wasseroberflächen der Seen des Muisca-Landes von eben diesem Volk als Eingang zur spirituellen Welt aufgefasst.

Narrativ, Dispositiv und Spielermodus und Prinzip

Unser Narrativ ist Folgendes: Das Zeltlager eines Forscherteams auf der Suche nach El Dorado wird von einem Gewitter zerstört. Level pro Level macht sich die Gruppe, ihren Weg durch den Dschungel bahnend, auf die Suche nach der goldenen Stadt. Die im narrativen Kontext eingebetteten Bewegungs- und Kognitionsaufgaben müssen bewältigt werden, um zunächst den Schlüssel und daraufhin den Eintritt zu El Dorado zu finden. 

Lager wiederaufbauen

Dschungel erkunden und Hinweise finden

Goldenen Schlüssel finden

Der Weiterweg nach El Dorado

El Dorado finden und erkunden

Das Maskottchen des Forscherteams: Der Affe Henning

Sowohl der Schwierigkeitsgrad als auch der Zeitaufwand erhöhen sich stetig mit dem Voranschreiten im Spiel. Das Äffchen Henning, das Maskottchen des Forscherteams, motiviert die Spieler*innen und begleitet das Abenteuer.

Zentral ist dabei die Zusammenarbeit. Nur dadurch kann im Spiel vorangeschritten werden, denn Jede/r muss mindestens eine Bewegungsaufgabe pro Stufe erfüllen.

Zwei Typen von Bewegungsaufgaben sind dabei zu unterscheiden. Zum einen solche, die mit GPS und aktivierten Lage-/Bewegungssensoren gleichzeitig funktionieren, zum anderen die, bei denen zuerst das GPS und dann die Sensoren eingeschaltet sind. Unabhängig davon, um welche Bewegungsaufgabe es sich handelt, ändert der/die Spieler*in bei den Bewegungsaufgaben immer die feste Position. Das gewährleistet das GPS, das beim Gehen oder Rennen zurückzulegenden Abschnitte verfolgt.


Hanna hat die Farbe rot und dementsprechend ist das Kästchen mit ihrem Avatar auch rot. Diese Farbe haben ebenfalls die zu pflückenden Bananen in der Anleitung.

Beim erstmaligen Öffnen des Spiels können die Spieler*innen ihren eigenen Avatar kosmetisch gestalten (Augen- und Haarfarbe, Frisur, Hautfarbe, Standardoutfit und Shirt-Farbe). Die Farbgebung kennzeichnet die persönlichen zu erfüllenden Aufgaben. Außerdem können durch das Lösen von Zusatzaufgaben auch weitere kosmetische Items wie Hüte erspielt werden. Diese erweiterte Ausstattung wird in einer persönlichen Schatzkiste aufbewahrt. Der Avatar ist auch deswegen im Spiel präsent, weil er die Bewegungsaufgaben in Form einer Anleitung vorführt. Schlussendlich bauen die Spieler*innen höchstwahrscheinlich eine gewisse Identifizierung mit dieser Figur auf, was sie zum bewegten Spielen motiviert. Debbe Thompson schreibt diesbezüglich in Designing Serious Video Games for Health Behavior Change: Current Status and Future Directions (2012), S. 808: “Since players often identify with their avatar, avatars may serve as powerful models […]. Individuals have consciously performed physical activity when confronted with situations where their actions affected their avatar, especially when the avatar’s appearance was similar to theirs.”

Nach der Avatar-Gestaltung geht das Spiel mit einem Prolog-Video weiter, welches das zerstörtes Lager der Forschergruppe zeigt. Dann geht das eigentliche Spiel los: Im ersten Level müssen die Spieler*innen das Lager wieder aufbauen. Zu ihren Bewegungsaufgaben zählen beispielsweise Holz hacken und Lianen mit einer Machete aus dem Weg schaffen. Wie oben bereits erwähnt, können die Bewegungsaufgaben in zwei Varianten konzipiert sein. In der Praxis könnten sie so aussehen: Beim Holz hacken müssten die Spieler*innen erst zu einem Ort 100 Meter in einem gemütlichen Tempo laufen. Nur das GPS ist hierbei eingeschaltet. Da angekommen müssten sie dann kraftvolle Armbewegungen machen, die an Holz hacken erinnern. Das Handy wird dabei in der Hand gehalten, nur die Sensoren sind eingeschaltet. Bei der zweiten Variante, dem Schneiden von Lianen, wird zusätzlich zu den schwingenden Armbewegungen gleichzeitig gelaufen. GPS und Sensoren sind dementsprechend gleichzeitig aktiviert.

In Level neun sind die zwei Varianten beispielsweise so konzipiert: Die Person muss zuerst 200 Meter zu einem Anhaltspunkt zum Beispiel einem Bananenbaum laufen, wobei nur das strecken-messende GPS eingeschaltet ist. Am Baum angekommen, müssen dann die Bananen mit den alleinig eingeschalteten Sensoren „gepflückt“ werden. Die Anweisung von Henning an dieser Stelle wäre dementsprechend: „Gut gemacht! Pflücke nun 20 Bananen in 30 Sekunden. Die ersten 10 pflückst du mit der linken Hand, die 10 weiteren mit der Rechten“. Die Fitnessübung-ähnliche Aufgabe besteht dabei im Hoch- und Herunterbewegen des Arms, was dem Heben von Hanteln ähnelt.


Jeder Buchstabe entspricht einem Hinweis, der von einem/r Spieler*in durch das Lösen einer Bewe-gungsaufgabe freigeschaltet wurde.

Hat jede/r Spieler*in eine oder sogar mehrere Bewegungsaufgaben für eine Stufe erledigt, werden die Hinweise für das kognitive Rätsel für alle eingeblendet. Beispielsweise ist im neunten Level die kognitive Aufgabe das Finden eines Lösungswortes beliebig angeordneter Buchstaben. Sie sollen von den Spieler*innen zu einem Wort in die richtige Reihenfolge gebracht werden.


Fazit

Ziel der Lehrveranstaltung “Games for Health“, die im Sommersemester 2019 an der Universität Konstanz unter der Leitung von Dr. Laura König und Benjamin Schäfer stattfand, war die Erstellung eines Konzepts für ein körperlich-gesundheitsbezogenes Spiel. Der Entwicklungsprozess und das Spielkonzept von unserer Gruppe, zu der Jana Komor, Friederike Roelke, Elena Casacchia und Camila Stump gehören werden wir nun zusammenfassen und versuchen, ein Fazit aus diesem Projekt zu ziehen.

El Dorado ist für Schüler*innen der 5. bis 8. Klasse konzipiert, um dem stundenlangen Sitzen in der Schule und dem damit einhergehenden Bewegungsmangel entgegenzuwirken. Für bereits stark übergewichtige Kinder und Jugendliche ist das Spiel weniger geeignet, weil die Aufgaben nicht auf eine Reduzierung des Körpergewichts abzielen. Der narrative Kontext soll für Spannung, Abwechslung und Spaß beim Spielen sorgen. Zentral für El Dorado ist die Teamarbeit, denn Jede/r muss mindestens eine Aufgabe lösen, damit die Gruppe weiterkommt. Sind die Aufgaben gelöst, wird ein Rätsel kognitiver Natur freigeschaltet, das ins nächste Level führt.

Wir selbst wären gespannt zu sehen, wie die Umsetzung des theoretischen Konzepts in ein reales Spiel sein würde. El Dorado spielen zu können würde uns sehr freuen.

Literaturverzeichnis

Gao, Z., Chen, S., Pasco, D., & Pope, Z. (2015). A meta-analysis of active video games on health outcomes among children and adolescents. Obesity reviews, 16, 783-794.

Graf, C., Dordel, S., Tokarski, W., & Predel, H-G. (2006). Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter: Ist Prävention möglich?. Herz, 31, 507-513.

Rodriguez-Dzib, R., López-Martinez, J., 5 Chi-Pech, V., & Llanes-Castro, E. (2016). Serious Game to Combat Childhood Obesity Using Kinect. IJCSI International Journal of Computer Science Issues, 13(6), 136-141.

Thompson, Debbe: Designing Serious Video Games for Health Behavior Change: Current Status and Future Directions. In: Journal of Diabetes Science and Technology 4/2012, S. 807-811.

Bildquellen

www.kissclipart.com/dschungel-comic-clipart-jungle-comics-artist-5hsff0/(04.07.2019).

de.pngtree.com/freepng/cartoon-banana_2520707.html(04.07.2019).

pixabay.com/de/illustrations/korb-clipart-cartoon-kiste-3318480/(04.07.2019).

emojiterra.com/de/affe/(04.07.2019).

https://www.love-beauty.cc/vector/19193.html(04.07.2019).

http://www.pngline.com/i/blatt%20clipart/https://de.pngtree.com/free-png-vectors/cartoon--

schatzkiste(04.07.2019).

de.vecteezy.com/vektorkunst/193325-el-dorado-vektor-set(04.07.2019).

www.canstockphoto.de/clipart-vecteur/landschaftsbau.html(04.07.2019).

www.seekclipart.com/clipart/wxbixJ_zelt-clipart-png-download/ (04.07.2019).

Das Spielkonzept zum Gesundheitsspiel "El Dorado" und dieser Beitrag wurden von Friederike Roelcke, Jana Komor, Camila Stump und Elena Casacchia während des Seminars "Games for Health" von Dr. Laura König (Psychologie) und Benjamin Schäfer (Literatur-, Kunst-, Medienwissenschaften) im Sommersemester 2019 erstellt.